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08.Oktober 2020 - Übung Gefahrgutzug
Der Übungszug der Deutschen Bahn Netz AG hat am Donnerstag Station am Simbacher
Bahnhof gemacht. 120 Aktive aus vielen Feuerwehren durchliefen hier eine sehr spezielle
Schulung. Dabei ging es um den möglichen Austritt von Gefahrstoffen aus einem Kesselwagen
und wie darauf zu reagieren ist. Abschließend mussten verschiedene Lecks abgedichtet
werden.
Die Theorie erfolgte durch zwei Ausbilder der Bahn; die Leitung des praktischen Teils hatte
Heiko Schedlbauer, Fach-Kreisbrandmeister für den Bereich ABC und Gefahrstoffe, inne. Am
Dienstag und Donnerstag gab es überwiegend Teilnehmer des Gefahrgutzugs Rottal-Inn,
bestehend aus Aktiven der Wehren aus Eggenfelden, Pfarrkirchen, Bad Birnbach, Triftern,
Wittibreut und Simbach. Hinzu kamen Feuerwehren aus Gemeinden entlang der Bahnstrecken
sowie Kollegen aus Braunau. Der Mittwoch war reserviert als Schulungstag für Wehren aus
dem Landkreis Altötting.
Auch Führungskräfte fanden sich ein, unter ihnen Kreisbrandrat Rene Lippeck,
Kreisbrandmeister Karl Kaiser und Stefanie Kronberger, Leiterin des Sachgebiets Öffentliche
Sicherheit und Ordnung am Landratsamt Rottal-Inn.
Bei dem letzten von sechs Durchgängen, am Donnerstagabend, war auch die PNP vor Ort.
Schedlbauer informierte, dass es sich hier um keine Pflicht-, sondern eine spezielle
Zusatzausbildung handle. Sie werde mit einem entsprechenden Eintrag ins Dienstbuch der
Aktiven dokumentiert. "Wichtig ist die Arbeit am echten Objekt", so der Kreisbrandmeister.
Zudem sei dieser "Ausbildungszug Gefahrgut" – der einzige seiner Art in Deutschland – auf
drei bis vier Jahre im Voraus ausgebucht. Er ist quasi ein Überbleibsel der einstigen Werks-
Feuerwehr der Bahn und dient jetzt der Weiterbildung der Feuerwehren, die ihn kostenlos
benutzen können. "Geparkt" auf Gleis 9 bot er sicheren Zugang von zwei Seiten.
Einweisung in einem extra Unterrichtswagen
Der Kurs gliedert sich in drei Teile: Zunächst gibt’s eine 45-
minütige theoretische Einweisung im Unterrichtswagen,
der über entsprechende Sitzmöglichkeiten sowie
moderner Präsentationstechnik verfügt. Hier frischt
Schulungsleiter Uwe Lindenberg unter anderem das
Wissen über Gefahrgutklassen und ihre Kennzeichnung
am Kesselwagen auf.
Anschließend wird 45 Minuten lang der Aufbau des
Kesselwagens erklärt. Dieser Ausbildungswagen ist
eine Spezialanfertigung, eine Mischung aus drei
verschiedenen Kesselwagentypen, um ein
möglichst breites Spektrum abzubilden. Hier sind
insgesamt 65 verschiedene Armaturen und
Sicherheitsventile verbaut. Einige zur Verwendung
kommende Armaturen sowie deren Funktion
werden am und im Wagen vorgestellt. Dieser ist
innen begehbar und man kann sogar sein Dach
erklimmen, um dort verschiedene
Domdeckelausführungen begutachten zu können.
Lindenberg erklärt die Funktion jedes Hebels, jedes Drehrads und jeder Kurbel. Viel
Fachchinesisch. Den Teilnehmern wird eingeimpft, wo Gefahren lauern. Wichtig für die
Feuerwehren ist: Bei unklarer Lage sollen sie kein Risiko eingehen, sondern sich lieber um die
Absicherung und notfalls Evakuierung kümmern, bis Experten vor Ort sind.
Im dritten Teil, der eine Stunde dauert, folgt die Praxis: Ein
eigens vorbereiteter Kesselwagen hat neun Lecks. Durch
die Austrittsstellen dringt Wasser, das über einen
Feuerwehrschlauch ins Innere gepumpt wird. In Wirklichkeit
wäre das natürlich eine gefährliche Flüssigkeit. Die
Feuerwehren trainieren nun in voller Ausrüstung, mit
welcher Technik jedes Leck geschlossen werden kann.
Mit verschiedenen Techniken Lecke schließen
Da wäre zum Beispiel ein Riss im Bereich der Tanksohle, ein
Querriss seitlich am Tank, eine undichte Zapfarmatur, ein
defekter Tankboden oder ein Doppelleck im Bereich der
Sattelleiste.
"An dem Leckagewagen können Tätigkeiten, wie das
Auffangen von Gefahrgut und das Abdichten von Lecks
praxisnah mit den unterschiedlichsten Mitteln geübt
werden", heißt es in einer Beschreibung der Bahn.
Lindenberg und sein Kollege stehen jetzt nur noch
beobachtend dabei, während KBM Schedlbauer den Ablauf
für die etwa 20 Teilnehmer erklärt. Man bildet zwei
Gruppen, die sich nacheinander um jedes Leck kümmern
sollen. Alles ist erlaubt, nur keine "Gewaltanwendung", also
ein Bearbeiten der Löcher mit schwerem Werkzeug, um den
Kesselwagen nicht zu beschädigen.
Die Kursteilnehmer erhalten keinerlei Anweisungen, wie
jetzt vorzugehen ist. Sie werden mit der Situation
konfrontiert und sollen selbst eine Strategie finden.
Improvisation ist gefragt. Zum Abdichten darf alles
verwendet werden, was der Feuerwehr-Rüstwagen und die
Natur hergeben: Stöckchen, Äste, Holzkeile, Dichtkissen,
Leckbandagen und vieles mehr.
Schnell kristallisieren sich Sprecher der Teams heraus, man
kramt in den Kisten, diskutiert und stößt auf unvorhergesehene Schwierigkeiten. Manche
Lecks befinden sich weit oben am Tank, andere sind unten zwischen dem Gestänge kaum
erreichbar. Für Schedlbauer ist wichtig, dass der Flüssigkeitsverlust weitgehend reduziert wird.
Was dann noch austritt, kann in Wannen gesammelt werden.
Simulation soll für den Fall der Fälle vorbereiten
So wuseln die Aktiven weiter um den inkontinenten Kesselwagen herum, bis die Dunkelheit
hereinbricht. Nun sind die Teilnehmer für den Fall der Fälle vorbereitet. "Leckagen an
Kesselwagen kommen ja glücklicherweise äußerst selten vor", erklärt Ausbildungsleiter
Lindenberg. "Deshalb ist es umso wertvoller, einen solchen Einsatz tatsächlich einmal zu
simulieren."
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